Verfahren gegen Dresdens ältesten Dealer eingestellt

Fade Zeugenaussage versalzte Drogenprozess (DNN 17.08.2006)

Ist der Verkauf von einem Kilogramm Kochsalz strafbar? Im Prinzip nicht. Es sei denn, der Verkäufer suggeriert dem Käufer, dass es sich nicht um Kochsalz, sondern um synthetische Drogen handelt. Dann wird es zu einem Fall für die Staatsanwaltschaft, bei dem gepfefferte Strafen drohen. Weil nicht nur der Verkauf von Drogen strafbar ist. Sondern auch die Absprache zu einem großen Drogengeschäft.

 

 

Wegen des vermeintlichen Kochsalz-Verkaufs fand sich gestern Dresdens vermutlich ältester Drogendealer Hartmut B. auf der Anklagebank des Landgerichts wieder. Der 58-jährige gelernte Verkäufer soll laut Anklage 2000 oder 2001 eine Folietüte mit einem Kilogramm Kochsalz für 20.000 Mark an den Mann gebracht haben. Weil der Mann geglaubt haben soll, dass sich in der Tüte Crystal befindet.
Der geprellte Käufer war kein anderer als Christian K., der sich bis zu seiner Festnahme im Oktober 2003 als einer der größten Drogenbarone Dresdens betätigte. Im Juni 2004 vom Landgericht zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt, wurde der im Prozess schweigsame 31-jährige plötzlich gesprächig. Er wolle umfangreiche Angaben zu „Hardy“ machen, teilte er einem Kommissar vom Drogendezernat mit. Im Gegenzug solle die Staatsanwaltschaft prüfen, ob eine Halbstrafe für ihn möglich sei, erbat sich Christan K. Entgegenkommen für seine Gesprächigkeit. Danach plauderte er unter anderem das Salzgeschäft mit Hartmut B. aus. Das der Angeklagte entrüstet zurückwies: „Ich habe K. Frischfutter für seinen Hund versorgt. Aber keine Drogen. Der erzählt nur Mist, damit er früher aus dem Gefängnis entlassen wird“, empörte sich „Hardy“. Die 4 Strafkammer unter Vorsitz von Herbert Pröls vernahm Christian K. intensiv und hatte so ihre Zweifel an dem Belastungszeugen. Besonders an der Aussage, bei den 20.000 Mark für den Drogenkauf habe es sich um Ersparnisse und geborgtes Geld gehandelt. „Was haben Sie getan, nachdem Sie gemerkt hatten, dass Sie mit Kochsalz betrogen wurden?“, fragte Pröls. „Nichts. Ich konnte doch nichts machen“, entgegnete K., der auch wegen Gewalt- und Waffendelikten vorbestraft ist. Verteidiger Martin Wissmann vermutete, K. habe seinen Mandanten angeschwärzt, weil es dem ohnehin nicht weh getan hätte. Hartmut B. wurde 2002 wegen Drogenhandels zu fünf Jahren Haft verurteilt, nach einer Herzerkrankung aber als haftunfähig entlassen. Er tauchte in Tschechien unter. „Das wusste Christian K. Er hat den Ermittlern eine Geschichte erzählt“, so Wissmann.
2005 wurde Hartmut B. in Tschechien festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert. Er muss bis August 2009 seine Strafe im Gefängnis Bautzen verbüßen. Verlängern wird sich die Haftzeit nicht, da die Kammer das Kochsalzverfahren einstellte. Zu fade erschien den Richtern die Aussage des einzigen Belastungszeugen Christian K.

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