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Richter im Infinus-Prozess deutet langjährige Haftstrafen an

Die angeklagten Ex-Chefs des Finanzhauses mischen sich zwar zunehmend in das Verfahren ein; sie bleiben aber wichtige Erklärungen bislang schuldig.

 

Dresden. Nach mittlerweile 32 Verhandlungstagen im Betrugsprozess um den früheren Dresdner Finanzdienstleister Infinus zeichnet sich ab, wohin die weitere Reise in dem Verfahren gehen könnte.

„Für den Fall, dass sich die Vorwürfe, wie sie sich derzeit abzeichnen, zutreffen, könnte die Strafe beim Hauptbeschuldigten Biehl ohne Geständnis nach meiner persönlichen vorläufigen Einschätzung bis an die neun Jahre gehen, bei einem Geständnis um die sieben Jahre.“ Das sagte der Vorsitzende Richter der Großen Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Dresden, Hans Schlüter-Staats, am Donnerstag. Bislang habe er noch keine Hinweise von den Angeklagten erhalten, wie das Geschäftsmodell langfristig hätte funktionieren können, sagte er. In dem Verfahren sind sechs ehemalige Führungskräfte der Infinus-Gruppe angeklagt, die allein zwischen November 2011 und November 2013 mehr als 20000 Anleger betrogen haben sollen. Als Kopf der mutmaßlichen Bande gilt der 54-jährige Dresdner Jörg Biehl.

In dem Prozess zeichnet sich ab, dass bereits vor 2011 Verkaufsprospekte für Infinus-Produkte falsch gewesen sein könnten. Entgegen dort gemachter Angaben für Anleger scheinen schon ab 2008 kaum noch Neugeschäfte durch den Aufkauf von Versicherungspolicen gemacht worden zu sein; stattdessen handelten Firmenangehörige, deren Bekannte und selbstständige Finanzmakler mit dem bis dahin erworbenen Bestand an Versicherungen auffallend oft selbst. Unter dem Strich dieser Kauf- und Verkaufsspirale standen nach Ausführungen von diversen Zeugen und dem Gutachter der Staatsanwaltschaft meistens Verluste. Die Erklärung dafür sind die Angeklagten bislang schuldig geblieben.

Zuvor hatten am Donnerstag die Verteidiger eine Liquiditätsanalyse einer LKA- Beamtin wegen „sachlicher Mängel“ abgelehnt. Zudem solle die Aussage einer Steuerprüferin wegen Befangenheit nicht zugelassen werden. 

 

Sächsische Zeitung vom 8. April 2016. Ulrich Wolf