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Infinus-Anleger gibt Finanzaufsicht die Schuld

Ein Mann aus dem Erzgebirge investiert 180 000 Euro. Was mit dem Geld geschah, war ihm egal.

 

Dresden. Im Betrugsprozess um den Dresdner Finanzdienstleister Infinus ist nach den Winterferien erstmals ein Anleger in den Zeugenstand getreten. Der 57- Jährige aus dem erzgebirgischen Lichtenberg sagte vor dem Landgericht Dresden, er habe rund 180000 Euro investiert. Zu der Anlage habe ihm seine Lebensgefährtin geraten, die bei Infinus als Prokuristin und Geldwäschebeauftragte gearbeitet habe.

Auch der Anleger selbst, der seinen Beruf als freier Handelsvertreter angab, war von 2011 an bei Infinus tätig. Im Auftrag des Unternehmens organisierte er als Selbstständiger den Post- und Materialversand der Firmengruppe. Der Mann betonte, bis zum Eingreifen der Staatsanwaltschaft im November 2013 seien seine Investitionen inklusive Zinsen immer pünktlich zurückgeflossen. Da Bundesbank und Finanzaufsicht schon früh Zweifel gehabt hätten am Infinus-Modell, hätten sie Anleger wie ihn ja warnen können. „Haben sie aber nicht, darum habe ich immer weiter investiert.“ Infinus sei jedenfalls nicht verantwortlich dafür, dass sein Geld nun weg sei.

Der Zeuge machte allerdings einen wenig strukturierten und wichtigtuerischen Eindruck. An einen Vertrag über immerhin 71 000 Euro vermochte er sich nicht zu erinnern. Erst als der Richter ihm diesen vorlegte, sagt er: „Ach, das kann sein. Ich habe schließlich mehr als fünf Millionen Euro Umsatz gemacht als guter Handelsvertreter, auch in der Sanitärbranche.“

Nicht nur seine Lebensgefährtin und er selbst arbeiteten bei Infinus, auch seine Tochter war dort beschäftigt. Wie das Unternehmen arbeitete, in das er sein Geld gesteckt hatte, wusste der Lichtenberger ebenfalls nicht zu erklären. Gemeinsam mit einigen anderen Infinus-Treuen ist er bei nahezu jedem der bislang 24 Prozess- Tage anwesend gewesen. Zwei der sechs Angeklagten besuchte er im Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt die frühe- ren Spitzenleute von Infinus, als Bande 22 000 Anleger betrogen zu haben. 

 

Sächsische Zeitung vom 25. Februar 2016. Ulrich Wolf