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Infinus-Prozess wackelt mehr denn je

Alle zwölf Verteidiger der ehemaligen Manager werfen dem Vorsitzenden Richter Mauscheleien vor und halten ihn für befangen.

 

Dresden. Der Betrugsprozess um den Dresdner Finanzdienstleister Infinus hat am Donnerstag vor dem Abbruch gestanden. Alle zwölf Verteidiger stellten am 17. Sitzungstag einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Hans Schlüter-Staats. Sie werfen ihm heimliche Absprachen mit Sachverständigen der Staatsanwaltschaft sowie eine intransparente Verhandlungsführung vor.

Verfasser des Antrags sind die Verteidiger des Hauptbeschuldigten und Infinus- Gründers Jörg Biehl. Den Anwälten Ulf Israel und Alexander Hübner zufolge nahm der Richter am Rande der Verhandlung den Sachverständigen Knop beiseite und redete minutenlang auf ihn ein. Des Weiteren habe der Richter einen verhandlungsfreien Tag genutzt, um sich beim Landeskriminalamt (LKA) mit Vertretern der Wirtschafts- prüfungsgesellschaft Deloitte & Touche zu treffen, die für die Staatsanwaltschaft das Gutachten zur Tragfähigkeit des Infinus- Geschäftsmodells erstellt hatten. Über die Inhalte dieser Gespräche hätten die Verteidiger nur erfahren, es sei um die Erstellung eines möglicherweise weiteren Gutachtens gegangen. In den Akten fänden sich keinerlei Hinweise auf das Treffen zwischen Richter, diversen LKA-Beamten und den Experten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Das Verhalten des Vorsitzenden Richters zeige, „dass ihm prozessuale Regeln gleichgültig sind“, schreiben die Rechtsanwälte. Er offenbare einen „durch nichts zu beschränkenden Willen, die Angeklagten auf jeden Fall zu verurteilen“. Das sei „einhellig als Befangenheit“ zu werten.

Bereits in der vergangenen Woche war nach Angaben von Verteidigern eine Ermittlerin des LKA als Zeugin nicht in der Lage gewesen, die von ihr verwendeten Daten aus der Infinus-Buchführung schlüssig zu erklären. An der Buchführung selbst sei ihr nichts Negatives aufgefallen. Diese sei nach den Worten der Zeugin völlig einwandfrei, absolut fachgerecht und vollständig gewesen. Die Wirtschaftskammer muss den Befangenheitsantrag nun prüfen. Das Ergebnis wird wohl am nächsten Sitzungstag bekannt gegeben.

Die Staatsanwaltschaft wirft den sechs Infinus-Managern vor, ihren Kunden die Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells nur vorgespielt zu haben. In Wirklichkeit habe es sich um ein Schneeballsystem gehandelt. Allein zwischen November 2011 und November 2013 sei bei rund 22000 Anlegern ein „Mindestschaden von 156 Millionen Euro entstanden. (mit lex) 

 

Sächsische Zeitung vom 22. Januar 2016. Ulrich Wolf